FEUERVERZINKEN
01 | 2014

Entzaubert

wie Spinat

Aus der Galfan-Story lernen


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Der Eisengehalt des Spinats ist ein Musterbeispiel für Irrtümer, die durch permanente Wiederholung zur vermeintlichen Wahrheit werden. Der Spinat des Korrosionsschutzes ist die Galfan-Verzinkung. Immer noch glauben selbst gestandene Korrosionsschutzexperten, dass die aus einer sehr dünnen Zink-Aluminium-Legierungsschicht bestehenden Galfan-Überzüge eine vielfach höhere Korrosionsbeständigkeit aufweisen als solche aus reinem Zink. Wissenschaftliche Langzeituntersuchungen belegen hingegen, dass derartige Ressourceneffizienz-Träume in der Praxis wie Seifenblasen platzen.

Fakt ist nämlich, dass Galfan- und Reinzink-Überzüge bei üblicher atmosphärischer Korrosionsbeanspruchung ähnliche Korrosionsraten aufweisen. Da durch Stückverzinken hergestellte Reinzink-Überzüge deutlich höhere Schichtdicken besitzen als Galfan-Überzüge, erreichen sie auch eine erheblich längere Korrosionsschutzdauer.

Vor rund 30 Jahren kam die Galfan-Verzinkung mit großem Trommelschlag auf den Markt. Auf der Basis von Ergebnissen aus Kurzzeit-Labortests wie dem Salzsprühtest entstand die Legende von der vermeintlich überragenden Leistungsfähigkeit der neuen Zink-Aluminium-Überzüge, die trotz dünnerer Schichtdicken extrem lange Schutzzeiträume erreichen. Selbst heute noch wird Galfan mit Salzsprühtest-Ergebnissen beworben. Dabei bestätigt selbst das für die Salzsprühtest-Norm zuständige Normungsgremium, dass Ergebnisse von Salzsprühprüfungen nur „selten mit dem Verhalten in natürlichen Umgebungen übereinstimmen.“ Zahlreiche Praxisstudien unter Realbedingungen beweisen, dass die Schichtdicke für die Schutzdauer entscheidend ist, da die Schichtdickenverluste von Galfan-Überzügen unter üblichen atmosphärischen Belastungen denen von Reinzink-Überzügen entsprechen. Während Galfan-überzogene Bleche in der Regel Schichtdicken von maximal 25 Mikrometer aufweisen, liegen übliche Schichtdicken von stückverzinkten Stählen zwischen 50 und 150 Mikrometer.


Tabelle 1: Die Untersuchung von Schuhmacher und Wolfhard zeigt in Stadt- und gemäßigter Industrieatmosphäre keine oder nur marginale Unterschiede zwischen galfanverzinkten und Reinzink-Überzügen.


Schuhmacher und Wolfhard (1) haben bereits in den 90er Jahren Reinzink- und Galfanüberzüge in Stadt-, Industrie- und Meeresklima im Rahmen von Auslagerungstest überprüft. Nach 7 Jahren Auslagerungszeit wurden die in Tabelle 1 aufgeführten Schichtdickenverluste ermittelt. Sie belegen, dass vor allem in Stadt- und gemäßigter Industrieatmosphäre keine oder nur marginale Unterschiede zwischen den beiden Überzugsarten existieren. Lediglich im hochkorrosiven Meeresklima der Nordsee-Insel Baltrum zeigen Galfan-Überzüge eine um rund 30 Prozent bessere Leistungsfähigkeit. Konkret bedeutet dies, dass bei einem derartigen meeresklimatischen Einsatz beispielsweise ein Galfan-verzinktes 3-mm-Blech mit einer maximalen Schichtdicke von 25 Mikrometern trotz geringerer Schichtdi­ckenverluste nur eine Schutzdauer von unter 15 Jahren erreicht, während ein stückverzinktes 3-mm-Blech mit einer praxisüblichen Schichtdicke von 80 Mikrometern unter gleichen Bedingungen mehr als 33 Jahre geschützt ist.

Untersuchungen im Mineralbad Cannstatt von Nürnberger und Zehnder (2) ergaben, dass sich sowohl bei galfanverzinkten als auch bei kontinuierlich feuerverzinkten Spiralseilen „bereits ab etwa 10-jährigem Badbetrieb umfangreiche Korrosionserscheinungen mit Rotrostbildung“ zeigten und dass in diesem hochkorrosiven Umfeld kaum Unterschiede zwischen galfanverzinkten Seilen und den feuerverzinkten Seilen feststellbar sind. Beide Seiltypen wurden nach rund 10 Jahren ersetzt.

Im Zeitraum 2002 bis 2007 überprüfte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) (3) das Korrosionsverhalten von Stahlschutzplanken mit Zink-Aluminium-Überzügen sowie mit Reinzink-Überzügen an der Autobahn A4 bei Bensberg. Nach fünfjähriger Freibewitterung zeigten die untersuchten Schutzplankenholme mit Reinzink- bzw. Zink-Aluminium-Überzügen identische Schichtdickenveränderungen. Schröder (4) berichtet über unveränderte Ergebnisse in einer weiterführenden Auswertung dieser Versuchsserie nach 9 Jahren.


Tabelle 2: Leclerque belegt mit seiner Untersuchung die Überlegenheit der Stückverzinkung.

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Quellen

[1] B. Schuhmacher, D. Wolfhard: Korrosionsbeständigkeit metallisch und organisch veredelter Stahlfeinbleche in der Freibewitterung, in Materials and Corrosion 49, 725-735 (1998)

[2] U. Nürnberger, M. Zehnder: Korrosion offener Spiralseile in der Atmosphäre eines Solebades, (2013)

[3] M. Schröder: Bandverzinkte Schutzplankenholme - Schlussbericht, BASt-Projekt F1100.2203004, Bundesanstalt für Straßenwesen, (2008)

[4] M. Schröder: Vortrag EGGA Assembly, Dresden (2013)

[5] J.-M. Leclerque, Vine Trellis - Specific corrosion resistance requirements, 20 years of experience return, in Intergalva 2012 proceedings (2014)


Leclerque (5) untersuchte das Korrosionsverhalten von Weinbergpfählen in Frankreich. Am gleichen Weinberg wurden stückverzinkte Pfähle und kontinuierlich verzinkte Pfähle mit Reinzink- sowie mit Zink-Aluminium-Überzügen eingesetzt. Der Schichtdickenverlust der Weinbergpfähle mit Zink-Aluminium-legierten Überzügen lag mit 1,2 Mikrometer pro Jahr sogar leicht über dem Schichtdickenverlust der Pfähle mit Reinzink-Überzügen (s. Tabelle 2). Während die bandverzinkten Reinzink- bzw. Zink-Aluminium-Überzüge mit Schichtdicken von 19 bzw. 32 Mikrometern bereits nach 16-jähriger Verwendung überwiegend stark bzw. im Erdreich leicht ausgeprägten Rotrost aufwiesen, besaßen die stückverzinkten Pfähle noch immer Zinkschichtdicken von mehr als 60 Mikrometern und somit das Potenzial für eine weitere jahrzehntelange Verwendung.

Fazit

Bei Einsatz in Land-, Stadt- und Industrieatmosphäre, was in Deutschland der Regelfall ist, weisen Reinzink- und Zink-Aluminium-legierte Überzüge ähnliche Korrosionsraten auf. Durch Stückverzinken hergestellte Reinzinküberzüge erreichen aufgrund höherer Schichtdicken deutlich längere Schutzzeiträume als Zink-Aluminium-legierte Überzüge. Wie seiner Zeit beim Spinat muss der weitreichende Irrtum der Überlegenheit von Galfan revidiert werden. Ein möglicher weiterer Irrtum kündigt sich mit den neuen dünnschichtigen Magnesium-basierten Legierungsüberzügen an. Sie werden auf der Basis von Salzsprühtest-Ergebnissen sogar als noch leistungsfähiger proklamiert. Erste Auslagerungstests unter Realbedingungen bestätigen dies jedoch nicht. Geschichte könnte sich hier wiederholen, wenn wir nicht aus der Galfan-Story lernen.