FEUERVERZINKEN
01 | 2012

Sommer-

Theater

Neue Garsington Opera

„Garsington Opera“ fand erstmals im Jahr 1989 statt und ist ein typisch englisches Sommerfestival, das Kultur, Picknick und Teegenuß verbindet. Nach dem Tod des Festivalgründers fand die Open-Air-Veranstaltung ein neues Zuhause im Wormsley Park in Buckinghamshire. Da der Mietvertrag für den neuen Festivalort auf 15 Jahre befristet ist und zudem eine temporäre Konstruktion vorsieht, die in jeder Saison demontiert werden muss, galt es ein Gebäude für das Musiktheater zu entwickeln, das diesen Anforderungen gerecht wird.

Bonus-Bildmaterial

Entstanden ist ein Bauwerk, das 600 Besuchern Platz bietet und mit einem Budget von 4,2 Millionen Euro aus Spenden finanziert wurde. Das erhöht liegende Opernhaus bietet einen atemberaubenden Blick auf den See und das Wildgehege des Parks und grenzt an ein Ensemble aus Farmgebäuden mit Scheunen, Ställen, Weingut, Obstgarten und Rasenflächen.

Der neue Zuschauerraum wurde als elegante Leichtbauhalle realisiert und „schwebt“ über der Parklandschaft. Überdachte Veranden und Terrassen mit Bars schaffen Orte zum Verweilen und laden die Besucher zum Genießen des Panoramas ein. Es wurde ein moderner Pavillon als „Zimmer mit Aussicht“ geschaffen, der nicht der im Park vorherrschenden Architektur des 19. Jahrhunderts entspricht, sondern sich eher an japanischen Bauformen wie dem Katsura Palast westlich von Tokyo anlehnt.

Das Gebäude wurde so konzipiert, dass sich der Opernraum, die Veranden und Terrassen zur Landschaft hin orientieren und öffnen, während die Bühne mit dem Backstage-Bereich und Lagerräumen zum umliegenden Wald ausgerichtet ist. Der neue Zuschauerraum ist nach dem Vorbild des bisherigen, alten Auditoriums geplant, jedoch wurden die Sitzbreiten und die Beinfreiheit erhöht, um für das Publikum den Komfort zu verbessern.

Reduziertes Materialkonzept

Ein reduziertes Materialkonzept bestimmt die Gestalt der temporären Oper - feuerverzinkter Stahl, Holz und Textilien. Die verwendeten textilen Oberflächen sind in einem schlichten und gleichzeitig traditionellen Weiß gehalten. Hartholz wurde für die Böden der Veranden, Terrassen und die Bühne verwendet. Stoffsegel begrenzen den Zuschauerraum, um die Raumakustik zu verbessern. Das Dach besteht aus zwei Stoffschichten, die bei Regen den zelttypischen Geräuschpegel des prasselnden Nass deutlich reduzieren.

Feuerverzinkte Stahlkonstruktion

Um die Bauzeiten und die Kosten für die Montage und Demontage des temporären Gebäudes zu minimieren und einen weitgespannten, stützenfreien Innenraum zu gewährleisten, wurde die Konstruktion in Stahl ausgeführt. Die Dach- und Trägerelemente des stählernen Raumfachwerks wurden leicht teilbar und modular konzipiert und können per Kran auf- und abgebaut werden. Die gesamte Stahlkonstruktion wurde durch Feuerverzinken vor Korrosion geschützt. Durch die Feuerverzinkung wird nicht nur ein langlebiger und nachhaltiger Korrosionsschutz erreicht, sondern auch eine mechanisch hochbelastbare Oberfläche geschaffen, die den häufigen Montagen und Demontagen der Oper gerecht wird. Da die Stahlkonstruktion sich offen über den Zuschauerköpfen befindet, musste auch sicher ausgeschlossen werden, dass eventuell abtropfen­des Kondenswasser sich mit rostbraunen Korrosionsprodukten verbinden kann und die Kleidung der Besucher verschmutzt. Das modular aufgebaute Gebäude zeichnet sich durch eine flexible Konstruktionsweise aus, die bei Bedarf an die wechselnden Opernaufführungen angepasst werden kann. Verschiebbare Groß-Screens entlang der Gebäudehülle lassen sich in nur wenigen Minuten, beispielsweise während der Pausenzeiten, aufschieben und wieder schließen. Technische Infrastruktur wie die Haus- und Theaterbeleuchtung und die Beheizung wurde sorgfältig in die Stahlkonstruktion integriert. Strahlungsheizplatten wurden beispielsweise im Dachbereich eingehängt, um den Zuschauerraum an kalten Tagen zu erwärmen.

Nachhaltigkeit im Detail

Die Oper leistet einen sehr positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit unter wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekten. Durch die gewählte, einfach rückbaubare Leichtbauweise finden Auswirkungen auf die Umwelt nur temporär und minimiert statt. Das „fliegende“ Gebäude ist vollständig in seine Grundmaterialien zerlegbar und wird keine dauerhafte visuelle Veränderung des historischen Parks und seiner denkmalgeschützten Gebäude verursachen. Die verwendeten Baustoffe Stoff, Holz und feuerverzinkter Stahl sind recycelbar.

- IJ -